Biologische Qualitätskontrollsysteme beseitigen potenziell schädliche Eiweiße und verhindern dadurch, dass sie die zelluläre Homöostase stören. Wenn diese Kontrollmechanismen aber beeinträchtigt sind, z.B. bei Tauopathien wie dem Morbus Alzheimer, sammeln sich fehlgefaltete Proteine an, die zur Krankheitsentstehung beitragen.
In einer in Science letztes Jahr publizierten Studie identifizierten Zi-Yang Zhang und Kollegen das Protein TRIM11 als einen zentralen Regulator der Tau-Aggregation und potentiell therapeutisches Ziel bei neurodegenerativen Erkrankungen. TRIM-Proteine stellen eine Familie von E3-Ubiquitin-Ligasen dar, die verschiedene Wege nutzen, um sowohl funktionale als auch fehlgefaltete Proteine abzubauen. Ihre strukturelle Vielfalt erlaubt es einzelnen TRIM-Proteinen, spezifische Rollen bei der Proteinkontrolle unter physiologischen und pathophysiologischen Bedingungen einzunehmen.
Im gesunden Gehirn ist Tau ein lösliches Protein im Zytoplasma, das für axonalen Transport, Zellkommunikation und die Stabilität des Zytoskeletts entscheidend ist. Hingegen ist Tau beim Alzheimer und anderen Tauopathien fehlerhaft gefaltet. Es bildet unlösliche Aggregate, die neuronale Verbindungen stören, Synapsen schädigen und die Neuroinflammation fördern.
Die Autoren der Arbeit stellten nun fest, dass TRIM11 in Alzheimer-Gehirnen reduziert ist. Diese Reduktion könnte auf genetische Variationen zurückzuführen sein, die mit einer erhöhten Tau-Pathologie und schnellerem Krankheitsverlauf in Verbindung stehen. In Zellkulturmodellen zeigte TRIM11 eine disaggregierende Wirkung auf Tau-Aggregate und stellte eine funktionale Balance zwischen löslichem und aggregiertem Tau wieder her. Nach Applikation von TRIM11 mithilfe eines adeno-assoziierten viralen Vektors in den Hippocampus oder in das gesamte Gehirn von Mäusen (über das Nervenwasser) reduzierte TRIM11 die Tau-Pathologie sowie die Neuroinflammation und verbesserte die kognitive und motorische Leistungsfähigkeit.
Allerdings baut TRIM11 auch weitere Proteine ab, z. B. das Humanin, ein mitochondriales Peptid mit neuroprotektiven Eigenschaften. Diese Effekte könnten die positiven Auswirkungen der Tau-Aggregat-Entfernung abschwächen. Weiterhin ist TRIM11 bei mehreren Krebsarten überexprimiert und fördert dort die Degradation von Tumorsuppressoren wie p53, was mit einer schlechteren Prognose korreliert. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer präzisen Regulation von TRIM11-Expression in therapeutischen Anwendungen.
Zusammengenommen zeigt TRIM11 aber großes Potenzial als therapeutisches Ziel bei neurodegenerativen Erkrankungen, insbesondere durch die Regulierung von Tau-Aggregaten. Gleichzeitig erfordert seine komplexe Rolle in der Zellbiologie eine exakte und kontrollierte therapeutische Anwendung, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden.
Referenz:
Zhang Z-Y, Harischandra DS, Wang R, Ghaisas S, Zhao JY, McMonagle TP, Zhu G, Lacuarta KD, Song J, Trojanowski JQ, Xu H, Lee VM-Y, Yang X (2023) TRIM11 protects against tauopathies and is down-regulated in Alzheimer’s disease. Science 381:eadd6696
Bildnachweis: iStock/Sewcream
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